
Wegbereiter*innen der Supervision
Wer hat die Supervision eigentlich zu dem gemacht, was sie heute ist?
Wir möchten Ihnen die Menschen vorstellen, die unsere tagtägliche Arbeit durch ihre Ideen, ihre Werke und ihr Engagement bedeutend geprägt haben.
Dr.in Brigitte Hausinger
Den Anfang macht Dr.in Brigitte Hausinger (* 8. April 1964; † 13. März 2016).
Wer supervisorisch arbeitet oder sich in der Ausbildung befindet, kommt an diesem Namen nicht vorbei. Die Verschmelzung von Theorie und Beratungspraxis zieht sich wie ein roter Faden durch ihr gesamtes Schaffen - von ihren Publikationen mit dem Schwerpunkt auf Veränderungen der Arbeitswelt über ihren gelebten Arbeitsalltag als Supervisorin und Organisationsberaterin bis hin zu ihren Lehrtätigkeiten an Universitäten in Deutschland und Österreich. Außerdem verantwortete sie jahrelang die redaktionelle Leitung der Fachzeitschrift "Supervision" und war Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Supervision (DGSv). Auch für die ÖVS hat sich Frau Hausinger stark engagiert. Somit kann man zurecht behaupten: Sie ist eine wichtige Wegbereiterin der modernen Supervision.
Dr. Winfried Münch
Prof. (FH) Dr. Winfried Münch (* 29. November 1935; † 22. Februar 2017).
Eine „sinnstiftende Lebensform“ – so hat Winfried Münch die Supervision einmal in der Fachzeitschrift Supervision, die er auch als Redakteur und Mitherausgeber entwickelt hat, bezeichnet. Münch war als scharfsinniger Analytiker bekannt und begeisterte in seinen Arbeiten mit präzise ausgewählten Zitaten österreichischer Literat*innen und Wissenschaftler*innen. Besondere Beachtung erhielt auch seine Beschäftigung mit dem Themenkomplex Schule, in dem er Pionierarbeit für die Supervision leistete. Der Tradition von Heidegger, Lorenzer und Habermas folgend, kann er mit seinem Wirken zurecht als Koryphäe der „Tiefenhermeneutischen Beratung“ bezeichnet werden.
Dr. Kurt Buchinger
Kurt Buchinger (* 27. November 1943; † 23. September 2017) studierte Philosophie und Psychologie an der Universität Wien, wo er ab 1989 eine Professur an der Klinik für Tiefenpsychologie und Psychotherapie hatte. Schon früh machte Buchinger sich einen Namen im Bereich der systemischen Supervision und Organisationsberatung, seine Habilitation 1982 mit dem Titel "Von der Psychotherapie zur Organisationsberatung" deutete seinen Werdegang bereits an. Später war er Professor an der Universität Kassel, von 1994 bis 2004 für Theorie und Methodik der Supervision, ab 2004 für Organisationsberatung.
Mit seiner Lehr- und Beratungstätigkeit sowie seinen wichtigen Texten und Monografien setzte Buchinger stets neue Impulse. Er spannte den Bogen zwischen unterschiedlichsten Disziplinen, um den Diskurs weit zu öffnen und so die Entwicklung der Supervision und systemischen Organisationsberatung voranzutreiben.
Sepp Schindler
Sepp Schindler (* 14.12.1922; † 21.6.2012) – Ehrenmitglied der ÖVS
„Es muss verhindert werden, dass ein junger Mensch diskriminiert aus der Gesellschaft ausgestoßen wird.“ Dieses Credo von Sepp Schindler zeigte sich in verschiedenen Stationen seines Berufslebens, so auch als erster Psychologe in den 50er Jahren im Institut für Erziehungshilfe in Wien.
Sepp Schindler vereinigte in seiner Person den engagierten Psychologen, der mit Gespür, Geschick und Konsequenz in den 1950er Jahren die Bewährungshilfe mit aufbaute, den psychoanalytisch orientierten Universitätslehrer, der sich seit den 1970er Jahren als bedeutender Vertreter der prä- und perinatalen Psychologie etablierte und den maßgeblichen Proponenten der Supervision in Österreich, welcher 1981 die erste (universitäre) Supervisionsausbildung an der Universität Salzburg installierte.
Die Grundbotschaft der Supervision, die kritische Reflexion, war ihm ein Herzensanliegen. Wann immer man mit ihm ins Gespräch kam, war es die Aufforderung zum Nachdenken, die er sanft aber beharrlich vermittelte.
In seinem letzten Lebensdezenium entwickelte sich Sepp Schindler immer mehr zum Mahner: Vor den Gefahren der alltäglich gelebten Unmenschlichkeit, vor unkontrolliertem und subtilem Machtmissbrauch, vor der schleichenden Wiederkehr autoritärer politischer Strukturen.