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Österreichische Vereinigung für Supervision und Coaching

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Nachruf

Mag. Helmut Haselbacher / 25.9.1938 – 29.5.2024

 

Ein Nachchorgesang

In einem Gespräch über das Leben und das Sterben erzählte Helmut wie er sich das vorstellt: das Leben sei für ihn wie eine Blume, die heranwächst und aufblüht und dann vergeht. Keine Rede von einem Jenseits oder einem ewigen Leben. 

Das Leben im Hier und Jetzt mit großer Präsenz, Bewegtheit, Charme und Humor: das war Helmuts Weg. Das Leben lieben und es genießen, das vermittelte er immer wieder. Wie kostbar das Leben ist und wie brüchig jede Sicherheit ist, erfuhr er in jungen Jahren, als in der Gärtnerei in St. Pölten, in der er zusammen mit zwei jüngeren Geschwistern aufgewachsen war, während des Krieges eine Bombe in unmittelbarer Nähe einschlug und die Familie nur knapp überlebte. 

Mit der menschlichen Destruktivität beschäftigte er sich in seinen unterschiedlichen beruflichen Tätigkeiten ein Leben lang: als Theologe, als Bewährungshelfer, Psychotherapeut, Supervisor, Fortbildner und Psychodramatiker. In starker Erinnerung geblieben ist mir sein Auftritt im Rahmen einer Fortbildungstagung im AKH, bei dem er an der Tafel ein Bild skizzierte und über die Menschenmacher redete. Die verschiedenen pädagogischen, beratenden und therapeutischen Berufe verstand er als Menschenmacherberufe. Diese stellte er sich ganz praktisch vor. Praktisch – dieses Wort scheint für ihn eine Maxime gewesen zu sein, die er in alle Überlegungen in der Supervision oder der Therapie einfließen ließ. Seine Frage „Ist es praktisch“ bezog sich dabei nicht nur auf das Individuum, denn bei ihm war immer das „Bemühen um die Gruppe“ und die Sozietät mit gemeint. 

Mit seinem Engagement, Temperament und seinem Wissen war Helmut auch ein wichtiger Pionier und großer Lehrer. Mit einer einjährigen Weiterbildung für Supervision in Berlin legte er den Grundstein für zwei erfolgreiche Supervisionsausbildungen, die sich in Berlin etablieren konnten. Triangel und Tops. 

So war es naheliegend, dass Prof. Dr. Sepp Schindler Helmut als Gruppenlehrsupervisor für die Teilnehmerinnen aus Wien 1978 an den Hochschullehrlehrgang für Supervision in Salzburg engagierte. Unter der Leitung von Prof. Dr. Jochen Sauer entwickelte sich in Folge eine kontinuierliche Lehrtätigkeit für die Gruppendynamik sowie Gruppen- und Teamsupervision im Universitätslehrgang für Supervision und Coaching, in Salzburg, bis 2012. Mit seinem trockenen Humor, einem spitzbübischen Blick und seiner Genauigkeit hat er eine lange Generation Supervisorinnen und Supervisoren ausgebildet und als Lehrsupervisor begleitet und geprägt. 

Immer an Entwicklung interessiert war es auch nur folgerichtig, dass er gemeinsam mit seiner langjährigen Kollegin Drin. Ingrid Krafft-Ebing (ÖAGG) die Supervision im Krankenhaus für den Krankenanstaltenverbund Wien (KAV) reorganisierte und etablierte. 

Hierfür gebührt ihm ein DANKE! 

Helmuts große Begabung lag im spontanen Entwerfen von Bildern und Szenen die einen im Rahmen von Therapie oder Supervision aus der Enge des momentanen Gefühls wieder auf die Bühne des Lebens holten, einen die eigene kreative Lebenskraft wieder spüren ließ und Mut und Lust auf das Weiterleben machte. Mit einer Leichtigkeit machte er aus den vorgestellten komplexen und verwickelten Situationen nachvollziehbare, nachspürbare Beziehungsdramen, Familiendramen oder Soziodramen und half die verdeckten Regieanweisungen zu entziffern und die unterschiedlichen Rollenvorstellungen zu verstehen.

In einem unserer letzten Gespräche meinte er, das Anliegen von Supervision sei Kreativität zu schaffen oder freizusetzen, und der Gruppe ein miteinander kreativ sein zu ermöglichen. Er kritisierte dabei aktuelle Entwicklungen im Sozialbereich, die vermehrt auf simple Leistungskontrollen setzen, und setzte dem seine Vision der Koexistenz gegenüber: Die Begegnung von Mitmenschen, in freier Entscheidung der Beteiligten, in der sich die Kreativität und die Lebenszugewandtheit entfalten können.

In Erinnerung an Helmut kann man sagen, er war nicht eine Blume, er war ein ganzer Strauß bunter Blumen, die miteinander ein wunderschönes und üppiges Bukett ergaben. 

Der Blumenstrauß, der Helmuts Leben und Wirken symbolisiert, ist jetzt verblüht. Er hat davor allerdings unzählige Samen produziert und verbreitet. Diese keimen als großes Geschenk in vielen Menschen weiter und dafür sind wir ihm dankbar.

Unser Mitgefühl gilt seiner Ehefrau, seinen Kindern und Enkelkindern und den Menschen die ihm nahestanden
Siegfried Tatschl und Margot Scherl