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Österreichische Vereinigung für Supervision und Coaching

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Online-Beratung - so stellt man eine arbeitsfähige Beziehung her

Bildschirmkompetenz – Onlinekompetenz – Beziehungsaufbau. Beratung online ist anders, aber steht vor denselben Herausforderungen wie ein Face to Face Setting. Von Nicole Ruckser

Nicole Ruckser, Mitglied des Vorstands der ÖVS © Andrea Peller

Wie kann ein professioneller Kontakt und eine arbeitsfähige Beziehung hergestellt werden. Hier ein paar aus der Praxis geborene Hinweise und Vorschläge:

1. Der erste Kontakt entsteht vor dem ersten Gespräch
Ein Fakt, der sich nicht von der Offlineberatung unterscheidet. Egal ob die Beratung online oder offline stattfindet, potenzielle Klient*innen erkundigen sich über das Internet oder Kolleg*innen über den Coach oder die Supervisorin.
Es muss nicht immer gleich die eigene Webseite sein, denken Sie auch an Ihr LinkedIn oder Xing Profil oder die Informationen, die auf der Seite der ÖVS über Sie zu finden sind.

Tipp: Finden Sie heraus, was über Sie im Netz zu finden ist und verändern Sie, was Sie selbst beeinflussen können. 

2. Antwort-E-Mails mit ersten Informationen über das Onlinecoaching
Antworten Sie auf Anfragen mit einer E-Mail, in der Sie potenziellen Kund*innen auch schon erste Informationen über den Rahmen, die Tools und den Ablauf einer Onlinecoachingsitzung zukommen lassen. 

Tipp: Bereiten Sie Antwort-E-Mails vor, in denen Sie schon auf die wichtigsten Punkte rund um Ihr Onlinecoaching eingehen. Die E-Mails können dann schnell personalisiert und angepasst werden und der Rahmen muss nicht jedes Mal von Neuem formuliert werden.

Tipp: Schlagen Sie das Tool vor, mit dem Sie am vertrautesten sind.

3. Persönliches Kennenlernen vor dem Onlinecoaching
Schlagen Sie ein Telefonat oder einen Video Call vor, in dem ein gegenseitiges Kennenlernen möglich ist. 10 bis maximal 15 Minuten reichen aus, um sich einen Eindruck voneinander zu verschaffen und grundlegende Fragen zu klären. Danach kann der/die Klient*in entscheiden, ob er oder sie mit Ihnen im Onlinesetting arbeiten möchte.

Tipp: Schlagen Sie einen Video Call vor, so können sich Klient*innen gleich mit Ihnen, mit der verwendeten Technologie und dem Setting, das sie erwartet, vertraut machen.

4. Sie müssen sich mit der Technik und dem Tool auskennen. 
Ein professioneller Umgang mit dem Video Tool schafft Vertrauen und Sicherheit bei Klient*innen. Testen Sie alle Funktionen des Tools vorab im Kolleg*innen- oder Freundeskreis. Schauen Sie sich Video Tutorials an und machen Sie sich mit den Funktionen vertraut, die Sie während eines Coachings benutzen werden. Das Wissen über die Funktionen ist wichtig, die Anwendung und das Ausprobieren gibt Sicherheit. Den Bildschirm zu teilen, einen Link zu posten, Visualisierungen oder der Umgang mit Berechtigungen sollten leicht von der Hand gehen.

Tipp: Probieren Sie auf jeden Fall ein Testcoaching im Kolleg*innenkreis aus, um zu sehen, was in einer Sitzung technisch auf Sie zukommen kann. Wissen ist wichtig, Ausprobieren gibt Ihnen und Ihren Klient*innen Sicherheit.

5. Achten Sie darauf, sich selbst gut zu präsentieren.
Licht von vorne macht das Gesicht heller und macht es für die Klient*innen möglich, Ihre Mimik auch über den Bildschirm zu sehen. Fenster im Hintergrund sind also tabu, sofern Sie nicht eine Lichtquelle von vorne zusätzlich haben. Achten Sie darauf in einer ruhigen Umgebung zu sitzen sowie ein Mikrofon und ein Headset zu verwenden (Tonqualität/Hall). Ihr Hintergrund sollte professionell und freundlich gestaltet sein, es sollte sichtbar sein, dass Sie sich überlegt haben, in welcher Umgebung Sie Ihre Klient*innen empfangen.
Achten Sie auf die Körpersprache, verwenden Sie bewusst Hände, Arme und Mimik. 

Tipp: Nehmen Sie Ihr Setting in einem Probetermin auf und sehen Sie sich an, was Sie noch verbessern könnten.

6. Vorbereitung wiederkehrender Inhalte
Bereiten Sie immer wiederkehrende Inhalte wie Beschreibungen des Ablaufs, Modelle, oder andere Visualisierungen vor, um schnell darauf zugreifen zu können. Zeichnungen auf Flipcharts haben leider online nicht dieselbe Wirkung wie offline. Sie sind oft schlecht zu lesen und die Kamera muss speziell ausgerichtet sein.

Tipp: Wenn Sie live etwas visualisieren möchten, können Sie eine Dokumentenkamera oder ein Tablet zur Hilfe nehmen.

7. Reminder und Pünktlichkeit
Pünktlich heißt, dass Sie vor dem Start des Termins im virtuellen Meetingraum sind und Klient*innen nicht ab dem vereinbarten Zeitpunkt auf Sie warten müssen. 

Tipp: Kopieren Sie den Link zum Videocall gemeinsam mit der Telefonnummer des/der Klient*in in Ihren Kalendertermin, so ersparen Sie sich die Suche nach dem entsprechenden virtuellen Raum und können schneller starten.

Tipp: Schreiben Sie bei Erstellung des Meetingraums eine Erinnerungsmail und programmieren Sie den Versand auf zwei Stunden vor dem Coachingtermin. (Das funktioniert in den meisten E-Mail-Programmen) So erhalten Klient*innen eine wertschätzende Erinnerung und müssen ebenfalls nicht in Ihren E-Mails nach dem passenden Link zum Meetingraum suchen. 

8. Das Notfallprogramm kommunizieren
Kommunizieren Sie dem Kunden eine Telefonnummer, die er oder sie anrufen kann, falls es technische Probleme mit dem Einstieg in den Videocall gibt und lassen Sie Ihr Telefon auf laut, bis alle Teilnehmer*innen im Raum sind. Bei schlechter Verbindung schalten Sie die Kamera aus oder wechseln Sie zur Not aufs Telefon. 

Tipp: Thematisieren Sie zu Beginn, wie die Vorgehensweise ist, wenn Sie selbst oder der/die Klient*in aus dem Meeting fallen und legen Sie sich die Telefonnummer zurecht.

9. Alles, was nicht zu sehen ist...
Alles, was nicht zu sehen ist, spielt dennoch eine große Rolle und kann die Beziehung und das Coaching beeinflussen. Sollten Sie an einem Tisch sitzen, achten Sie darauf, dass nur am Tisch ist, was sie brauchen. Schließen Sie alle Fenster am Bildschirm, die nichts mit dem Coaching zu tun haben. Schalten Sie Ihr Telefon auf lautlos und legen Sie es weg, sobald der/die Klient*in im Raum ist. Schließen Sie alle Programme, die Ihnen Nachrichten oder Pop-ups auf den Desktop schicken. Kleiden Sie sich so, als wären Sie in einem Offlinesetting. 

10. Willkommen in der Onlinesituation
Holen Sie Ihre Klient*innen aktiv in die Onlinesituation, bieten Sie gleich zu Beginn die Möglichkeit, über das Setting zu sprechen. Fragen Sie, wie sich das Setting anfühlt und wie es dem/der Klient*in damit geht.

11. Umgang mit Emotionen
Unterstützen Sie in emotionalen Situationen mehr als gewohnt verbal, hier fehlt Ihre Körpersprache und auch Ihre Handlungen. Fordern Sie Klient*innen auf, kurz aufzustehen, sich eine kleine Pause zu gönnen, durchzuatmen und ein Glas Wasser oder ein Taschentuch zu holen. 

12. Der Fokus liegt auf den Klient*innen
In Videocalls werden oft die Bilder aller Teilnehmer*innen in einer Galerieansicht angezeigt, in einem Zweiersetting sind oft beide Personen nebeneinander zu sehen. Ein fokussiertes Zuhören wird durch die Beschäftigung mit dem eigenen Antlitz manchmal erschwert. Solange wir selbst am Bildschirm zu sehen sind, liegt der Fokus nicht zu 100% auf unseren Klient*innen.

Tipp: Konfigurieren Sie die Einstellungen so, dass das eigene Video nicht zu sehen ist. Das ist in den gängigen Tools möglich.

13. Welche Methode passt (noch)?
Im Onlinesetting müssen Methoden ausgetauscht oder adaptiert werden. Seien Sie kreativ, tauschen Sie sich mit Kolleg*innen aus und überlegen Sie, welche Methoden online sinnvoll sind. Auch im Onlinecoaching können Klient*innen visualisieren oder auf Post-its schreiben und ihr Werk in die Kamera halten oder es abfotografieren und ihren Bildschirm teilen. Gemeinsames arbeiten mit entsprechenden Tools (z.B. padlet, Mural oder der Whiteboardfunktion) ist je nach Klient*in ebenso möglich. 

Tipp: Schicken Sie in einer Ihrer E-Mails aus, was der/die Klient*in während des Coachings griffbereit haben soll.

Tipp: Lassen Sie Klient*innen „Aufstellungsmaterial“ bereitlegen, das können ein paar Münzen, Stifte, Büroklammern, kleine Post-ist oder Bausteine sein.